Hauptnavigation

 

Zum ersten Todestag von Jörg Beier

Zum ersten Todestag von Jörg Beier

Der Schwarzenberger Holzbildhauer und Kunstkneiper Jörg Beier war 2021 in der Nacht zum 15. Mai verstorben, nach schwerer Krankheit, friedlich zu Hause. Der Verlust trifft nicht nur seine Familie und Freunde, sondern die künstlerische und politische Szene der Erzgebirgsstadt, in der er bis zu seinem Tod als Stadtrat wirkte.
Abb.: Einer von Jörg Beiers Holzengeln im Linolschnitt von Thomas Beier

Beiers Kunst war - fernab jeder Heimattümelei - dem Erzgebirge verbunden. Überhaupt war ihm Heimat wichtig und kein Begriff, der beliebig politisch zu missbrauchen war. So gehörte zu seinen Ideen "HEYMat", ein Wort in Anlehnung an Stefan Heym, dessen Roman "Schwarzenberg" und Heyms Flucht aus Nazideutschland und Rückkehr als amerikanischer Soldat. HEYMat ist jedoch mehr und nimmt in generellen Bezug auf Verfolgung, Flucht und Ankommen in neuer Heimat, aufbereitet zur Verwendung in Schulen. Nicht zuletzt stammt auch die Idee für die Webseite www.haltepunkt-erzgebirge.de von Jörg Beier.

In vielen, was er tat, kam sein tiefsitzender Schalk zum Ausdruck, so auch bei seinem wohl größten Kunstprojekt, der Freien Republik Schwarzenberg, angesiedelt zwischen Tatsachen und Legenden und doch gegen jene gerichtet, die sich Tatsachen zurechtbiegen und neue Legenden erfinden.

Wichtig war ihm die "Jüdische Spurensuche", wie er eine auch in der Synagoge zu Görlitz gezeigte Ausstellung nannte.

Geprägt von der unmittelbaren Nachkriegszeit, vielfältigen künstlerischen Einflüssen und den Hafterfahrungen als politischer Gefangener waren ihm Freiheit und eine lebendige, im Volk verwurzelte Demokratie wichtig, in der die Mächtigen möglichst frei von Arroganz sein sollten.

Bedeutsam war für ihn seine Ausstellungsbeiträge zur Verleihung des Brandenburger Freiheitspreises 2016 an das Menschenrechtszentrum Cottbus, das seinen Sitz im früheren Zuchthaus hat, in dem auch Jörg Beier einsaß. Politische Häftlinge hatten 2011 über ihren Verein das Zuchthaus gekauft, in dem sie gefangen waren, und haben seitdem daraus das Menschenrechtszentrum mit Dauerausstellung, Sonderausstellungen und Veranstaltungen entwickelt.

Sein Bruder Thomas Beier, der auf der Beerdingung für die Familie sprach, beendete seine Rede mit diesen Worten:

So hat ganz sicher jeder unter uns hier seine ganz besondere Beziehung zum Beier, Jörg, wie man im Erzgebirge sagt. Möge uns diese Beziehung in unseren Gedanken erhalten bleiben.

Noch vor seiner Erkrankung sprachen wir über unser Leben und wir waren beide eins: Nie hätten wir in der Jugend geglaubt, je so alt zu werden, wie wir heute sind. Und später sagte der Jörg: "Ich habe mein Leben gelebt!" Ich glaube, er ging "mit Frieden in der Seel", wie Klaus Hoffmann sang, dessen Lieder uns begleitet haben wie besonders den Jörg zeitlebens Bob Dylan.

Jörg war Bruder, Freund und ein Künstler, wie ein Künstler sein soll: Nicht anpassungsfähig an die Verhältnisse, sich ausdrückend nicht über große Worte, sondern seine Kunst.

Ich habe meinen Bruder Jörg sehr geliebt, aber damit bin ich ganz sicher nicht allein.

Mehr:

Newslinks