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Literatur

Enricos Bahnabenteuer

Enrico fühlte sich selig-beschwingt. Seine prekäre Lebenslage schien ihm nach dem Besuch auf dem städtischen JobCenter geklärt, abgeheftet, bürokratisch verstaut. Alles hatte nun wieder seine demokratische Ordnung, er war endlich wieder ein gewissenhaft registrierter, staatlich anerkannter HIV-Empfänger, in den offiziellen Arbeitslosenstatistiken aufgeführt und von Rechts wegen zum Empfang einer monatlichen Unterhaltszahlung berechtigt. Die Gesellschaft hatte ihn sozusagen rehabilitiert, ihm vom Stigma des niedrig gesinnten „Schwarzarbeiters“ und „Sozialschmarotzers“ befreit und erneut einen bescheidenen Platz in ihrer Mitte zugewiesen. Die ständig bohrende und zermürbende Existenzangst, die seine Seele seit so langer Zeit zu Boden gedrückt hatte, wog nun plötzlich nur noch halb so schwer. Die Höhe des ihm gewährten Arbeitslosengeldes II dünkte ihm zwar zugegebenermaßen recht bescheiden bemessen, aber mit etwas Sparsamkeit würde er es schon schaffen, sein Leben von nun an zu meistern. Er brauchte ja wirklich nicht viel, um zufrieden zu sein. ...weiterlesen

Omas Geburtstagsfeier

Es war bereits Ende Juli geworden, die Ferien der Kinder gingen langsam ihrem Ende entgegen und eine erbarmungslose Hitze lastete über Wald und Flur, über den bunten Häuschen und Gärten des Dorfes, die sich malerisch eingebettet im Tal an beide Seiten des kleinen Flusses schmiegten. Erst gegen Abend sanken die Temperaturen auf ein erträgliches Maß ab und erweckten die lethargisierten Dörfler zu neuem Leben. Überall wurden nun in den Gärten und vor den Garagen die gediegenen selbst gebauten bzw. billig im Kaufhof erstandenen Röstvorrichtungen aus den Schauern gezerrt, hurtig mit Steaks und Würsten prall bepackt, den Göttern im Himmel durch Rauchsignale angezeigt und schließlich den hungrigen Mägen als Dankopfer dargebracht. ...weiterlesen



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